Das Elternpraktikum

Sechs Mädchen im Alter von 13 – 15 Jahre waren für fünf aufregende Tage und drei anteilig durchgewachte Nächte „Mütter auf Probe“.

Kathrin Waldor vom Präventionsrat im Harlingerland e.V. bot auch in diesem Jahr zusammen mit Marisa Heilemann, Sozialpädagogin im Anerkennungsjahr, an der KGS Wittmund das Projekt „Babybedenkzeit“ an.

Die 6 Babysimulatoren boten interessierten  Schülerinnen und Schülern in der 8. Klasse die Möglichkeit, sich mit der Verantwortung als Elternteil auseinanderzusetzen sowie Kenntnisse über Säuglinge zu erwerben.

Die lebensechten Babysimulatoren waren 53 cm groß und wogen ca. 3500 g. Sie simulieren den Tages- und auch Nachtablauf eines echten Säuglings, mussten mehrfach täglich gefüttert, gewickelt, umgezogen werden und sogar ein Bäuerchen verlangten die „Kleinen“. Beim Füttern mit dem Fläschchen gaben die Babys Schluckgeräusche und bei Zufriedenheit glückliche Laute von sich. Die Babycomputer registrierten alle Vorkommnisse, wie grobe Behandlung, schlechte Versorgung oder auch die fehlende Kopfstütze.

Am Montag war die Aufregung groß, als die werdenden Mamas ihre Säuglingssimulatoren in Empfang nehmen durften. Da die Schülerinnen, wie im echten Leben auch, keine Wünsche bezüglich des Geschlechts des Babys abgeben konnten, hatten sie sich vorab je ein Mädchen- und Jungennamen überlegt. Auch passende Babykleidung sowie Babybettchen und Babyschale („Müssen die so schwer sein? Da ist ja noch nicht mal das Baby drin!“) für den Transport mussten von den jungen Müttern besorgt und zum „Geburtstermin“ mitgebracht werden. Damit die Babys nicht über einen längeren Zeitraum abgegeben werden konnten, bekamen die Mütter einen Chip am Armband, mit welchem sie sich bei jedem Bedürfnis des Babys anmelden mussten. Dann ging es los in die erste Unterrichtsstunde, in den ersten Nachmittag und die erste Nacht mit ihrem Baby.

Die frischgebackenen Eltern auf Probe wurden jeden Vormittag drei Schulstunden durch Kathrin Waldor und Marisa Heilemann betreut, konnten dort über ihre Erfahrungen und Sorgen mit Baby im (Schul-) Alltag berichten („Die gucken alle so doof“)…  Sie  bekamen zusätzlich wertvolle Informationen über die Entwicklung von Babys und  über die anfallenden Kosten mit einem Baby im ersten Jahr („Sind Kinderschuhe immer so teuer?“). Es wurden Babybrei und Babymilch zubereitet  und sogar probiert: „Ich krieg schon ein bisschen Kotzreiz.“

Währenddessen wurden die Säuglingssimulatoren liebevoll im Arm gewogen, in der Babyschale gewippt oder am Kopf gestreichelt.

Die Schülerinnen bemerkten bereits am ersten Tag als Mutter, dass sie auf Hilfe angewiesen waren. So wurden in den Pausen Mitschülerinnen und Mitschülern die Babys zum Füttern überlassen, sie wurden zu Patentanten und Patenonkel auserkoren und strickten sogar passende Babybekleidung. Eltern und Geschwister wurden eingespannt, denn, da waren sich die jungen Mütter einig, alleine ist ein Baby, die Schule und auch noch der Alltag kaum zu schaffen.

Zum Ende der Woche blickte man in müde Augen, denn auch nachts wollten die Säuglingssimulatoren umsorgt werden und nach nur wenigen Stunden Schlaf („ich höre die ganze Nacht das Baby schreien!“) ging es schon wieder los mit den Babys in die Schule. Die Schülerinnen gaben dennoch „ihre Babys“ nach so kurzer Zeit nur ungern wieder ab, hatten sie sie doch liebgewonnen und sich an sie gewöhnt, aber die Aussicht auf ruhige Nächte und vor allem viel Zeit für sich überwogen dann doch die Mutterfreuden.

Am Ende der Woche  stellten die Schülerinnen einstimmig fest: Kinder ja, aber erst einen guten Schulabschluss, einen festen Job und vielleicht noch ein eigenes Haus oder Wohnung, erst dann wäre es die richtige Zeit zur Gründung einer Familie.

Am darauffolgenden Montag wurde das Projekt, mit Beteiligung der gesamten Klassen abgeschlossen. Die teilnehmenden Schülerinnen haben den Mitschülern von ihren Erfahrungen berichtet. Der abschließende Dokumentarfilm  „14“,  der den Werdegang vierer Teenagerschwangerschaften zeigte, bot dann noch Raum für Diskussionen.

 

Marisa Heileman, Aika Marfeld

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