Schüleraustausch 4.0

Einblicke in das Leben der geistigen und körperlichen Behinderungen

 

Eigentlich wollten wir, etwa 15 Jugendliche aus den Jahrgängen 8 und 9, im September 2020 eine Schülergruppe unserer türkischen Partnerschule in Eskişehir begrüßen. Gemeinsam wollten wir im September und bei unserem geplanten Gegenbesuch im Frühjahr 2021 spannende Erfahrungen zu unserem Projekt „Behinderungen – Grenzen (nicht nur) im Kopf?“ sammeln. Leider hat uns das Corona-Virus einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dank der Unterstützung der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke können wir die Zeit bis zu unserem „echten“ Treffen jetzt aber erst einmal prima nutzen. Wir werden mit unseren Partnern der Özel ATAYURT Okulları in einem digitalen Workshop zusammenarbeiten. Gemeinsam wollen wir kurze Filme zum Thema „Leben/Umgang mit Behinderungen“ erstellen. Jetzt sollte es also endlich losgehen. Karin Thies, als Initiatorin dieses Austausches, und Sally Hülse werden uns bei diesem spannenden Projekt begleiten und unterstützen. Gemeinsam mit den Werkstätten für behinderte Menschen hatten sie zu einem ersten Treffen am Montag, 02. November 2020 in die Turnhalle eingeladen. Hier hatten wir die Chance, in das Leben mit Einschränkungen hineinzublicken. Dabei haben wir – aufgeteilt in zwei Gruppen – auf der einen Seite das Leben mit Seheinschränkungen und auf der anderen Seite das Leben mit generell körperlichen sowie geistigen Behinderungen kennengelernt. Um sich in den Alltag eines Blinden hinein zu versetzten, haben wir uns zunächst auf eine Matte gelegt. Mit geschlossen Augen wurden wir jetzt mit alltäglichen Situationen, wie zum Beispiel Lärm oder überraschenden Ereignissen an unserem Körper, konfrontiert. Dafür wurde zum Beispiel mit Feuchttüchern über unser Gesicht gewischt oder mit einem Stock direkt neben unseren Köpfen auf den Boden geklopft. Hier konnten wir zum ersten Mal wirklich fühlen, mit welchen Herausforderungen ein Sehbehinderter zu kämpfen hat. Um noch besser nachvollziehen zu können, auf was für Probleme und unangenehme Situationen ein blinder Mensch stößt, sollten wir uns nun mit verbundenen Augen zunächst frei in einem Feld bewegen. Dank eines Partners, der uns mit seiner Stimme durch das Feld führte, fühlten wir uns schnell etwas sicherer. Am eigenen Leib konnten wir erfahren, wie wichtig eine vertraute Stimme oder der Körperkontakt zur Orientierung ist. Um dies weiter zu verdeutlichen, mussten wir nun einen Parcours aus Bänken, Matten und Kästen überwinden. Nur mit ganz konkreter Hilfestellung unseres Partners, sind wir sicher durch den Parcours gekommen. Nur mit „da kommt gleich ein Kasten“, war es hier nicht getan. Man musste dem anderen ganz genau beschreiben, was auf den blinden Partner zukam „Achtung, in etwa drei Schritten kommt ein etwa kniehoher Kasten“, half da schon deutlich mehr, um sich zu orientieren.

Am Ende hatten wir noch etwas Zeit und konnten Erfahrungen in einer Sportart namens „Blinden Ball“, der extra für Blinde erfunden wurde, sammeln. Hierzu wurden wir in zwei Teams eingeteilt. Das Ziel ist es, einen kleinen Ball, der Geräusche macht, über eine Begrenzungslinie des gegnerischen Teams zu rollen. Es war interessant und hat mega viel Spaß gemacht. Wir haben übrigens gegen unser gegnerisches Team (Karin Thies und Sally Hülse) haushoch gewonnen.

Nach dem Spiel haben wir die Gruppen gewechselt und wir konnten nun einen Einblick in weitere verschiedene geistige und körperliche Behinderungen gewinnen.

Zum Einstieg war es unsere Aufgabe, einen Stern nachzuzeichnen. Vor uns stand ein Sichtschutz und dahinter lag die Sternvorlage auf dem Kasten, dahinter wiederum stand der Spiegel. Wir mussten den Stern also spiegelverkehrt malen. Boah, das war ganz schön schwer! Probiert es mal selbst.

Danach wurde es dann „lecker“ Wir sollten am eigenen Leib erfahren, wie es ist, gefüttert zu werden. Manchmal kann der Mensch mit Beeinträchtigungen ja nicht einmal deutlich machen, ob er gerade lieber Kartoffeln, Fleisch oder Gemüse essen möchte. Außerdem bestimmt im Alltag ja auch der Pfleger noch das Tempo des Essens. Nun haben wir uns also gegenseitig mit Pudding gefüttert. Bedingung war, dass die Person, die gefüttert wurde, sich nicht wehren oder etwas sagen durfte. Das war wirklich sehr lustig und führte zu viel Pudding im Gesicht.

Jetzt haben wir noch eine kurze Einweisung über die spastische und schlaffe Lähmung bekommen. Um diese Einschränkungen genauer nachzuempfinden, haben wir ein Spiel gespielt. Dieses Spiel ging so: Jedem von uns wurde durch verschiedene Hilfsmittel sozusagen eine körperliche Beeinträchtigung verpasst (Lähmung in den Beinen, Rollstuhl, Spastik in den Armen, etc.). Dann gab es Tennisbälle, die wir auf den Boden geworfen und dabei einen Namen aus unserer Gruppe gerufen haben. Derjenige, dessen Namen aufgerufen wurde, musste mit seiner zugeordneten Behinderung den Ball holen. Das war, gerade für die mit Beeinträchtigungen am Bein, ganz schön anstrengend. Und habt ihr mal versucht einen Tennisball hochzuheben, wenn euer Daumen mit dem Zeigefinger verklebt ist?

Sehr kurzweilige drei Stunden waren dann auch leider schon wieder vorbei.

Uns hat es allen sehr viel Spaß gemacht und wir haben viel gelernt. Vielen Dank an die WfbM, dass dieser Nachmittag so möglich war!

Wir freuen uns auf die nächsten (virtuellen) Treffen mit unserer Austauschgruppe und sind gespannt, was noch alles auf uns zukommt!

 Franka & Clara

(Schüler der KGS Wittmund)

15.11.2020

 

 

 

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